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im deutschsprachigen Raum
H. 14 Muharram 1442 | No: Nr.:76 |
M. Mittwoch, 02 September 2020 |
Presseverlautbarung
Stellungnahme zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik
und dem Militärputsch in Mali
Nachdem am 29. Mai noch eine deutliche Mehrheit des Bundestages für die Fortsetzung der Bundeswehrbeteiligung an der „Multidimensionalen Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali“ (MINUSMA) und der „EU-geführten Ausbildungsmission in Mali“ (EUTM) gestimmt hatte, sieht sich das politische Berlin nun mit dem potentiellen Scheitern der Einsätze konfrontiert. Der Militärputsch in Mali verdeutlicht erneut den strategischen Imperativ, die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik aus gegenwärtigen Pfadabhängigkeiten zu lösen und grundlegend neu zu denken.
Am Abend des 18. August wurden der amtierende Staatschef, Ibrahim Boubacar Keita, und sein Premierminister, Boubou Cissé, in der Hauptstadt Bamako von malischen Soldaten festgesetzt. Zu dem Putsch bekannte sich das „Nationale Komitee zum Wohle des Volkes (CNSP)“, angeführt vom Kommandeur der malischen Spezialkräfte, Assimi Goita. Nachdem Keita daraufhin seinen Rücktritt sowie die Auflösung seines Kabinetts und des Parlaments erklärte, folgten Verurteilungen des französischen Präsidenten, der Staatschefs der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und des US-amerikanischen Außenministers Mike Pompeo. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Bundesaußenminister Heiko Maas kritisierten den Putsch und forderten die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung. Obwohl das Auswärtige Amt eigenen Angaben zufolge von keiner konkreten Gefährdung deutscher Soldaten ausgeht, verschärfte das Einsatzführungskommando die Sicherheitsvorkehrungen und ordnete dem Bundeswehrpersonal an, die Feldlager bis auf weiteres nicht mehr zu verlassen. Ebenso wurden erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für die diplomatische Vertretung veranlasst: „Wir haben aber, da die Lage sehr unübersichtlich ist, vorsorglich die deutsche Botschaft vorläufig geschlossen“, so Bundesaußenminister Maas.
Angesichts der Tatsache, dass die aufständischen Militärs baldige Neuwahlen sowie die Einhaltung internationaler Vereinbarungen zusicherten, ist nicht von einem radikalen Wandel in Mali auszugehen. Dennoch verdeutlicht der Militärputsch die Fragilität des westafrikanischen Landes, bildet er doch den – wenn auch ambivalenten – Höhepunkt der dreimonatigen Proteste, die sich dezidiert gegen grassierende Korruption, Wahlmanipulation und die katastrophale Versorgungslage in dem Land richteten. All dies offenbart, dass im Zuge der Bundeswehreinsätze trotz massiver Anstrengungen keine funktionalen Strukturen auf politischer, ökonomischer und sozialer Ebene etabliert werden konnten. Auch auf sicherheitspolitischer Ebene haben die Einsätze ihre Ziele bisher verfehlt. So konstatierten die Experten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP): Beschränkten sich die Anschläge anfangs auf den Norden Malis, haben sie sich nach und nach ausgeweitet auf die anderen Landesteile und benachbarte Länder. Mit militärischen Anpassungsmaßnahmen konnte diese Entwicklung bisher nicht gestoppt werden. Die malische Regierung hat versucht, von der Verantwortung der eigenen Sicherheits- und Polizeikräfte abzulenken, indem sie MINUSMA Versagen vorwarf. Wenn aber die Bevölkerung weder die malischen noch die internationalen Streitkräfte als vertrauenswürdigen Bereitsteller von Sicherheit (an)erkennt, gewinnen Schutzversprechen bewaffneter Gruppen an Gewicht. Durch die nun zu Tage tretenden Machtkämpfe innerhalb der malischen Staatsstrukturen droht sich die ohnehin fragile Sicherheitslage der Sahel-Region weiter zu verschlechtern: Jedoch ist die Sahelregion seit geraumer Zeit sehr fragil, eine Erschütterung der Machtverhältnisse, wie wir sie gerade in Mali sehen, könnte auch in die Nachbarstaaten ausstrahlen, so die aktuelle Einschätzung des Büroleiters der Friedrich-Ebert-Stiftung in Mali, Christian Klatt.
Anstatt weiterhin aussichtslose Initiativen zu unterstützen, die im Kern den sicherheitspolitischen und ökonomischen Interessen anderer Staaten dienen, ruft Hizb-ut-Tahrir die Strategen des Auswärtigen Amtes erneut dazu auf, das eigene Verhältnis zur islamischen Welt und die damit in Verbindung stehende außenpolitische Strategie Deutschlands grundlegend zu überdenken. Der US-Truppenabzugsplan, französische Alleingänge in Libyen sowie die Sanktionen gegen Nord-Stream 2 sind nur die jüngsten Beispiele einer erodierenden Nachkriegsordnung, deren multilaterale Institutionen und Bündnisstrukturen zunehmend unter Druck geraten. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, China und Russland verfügt Deutschland über Beziehungskapital in der islamischen Welt, das im Rahmen einer zunehmend wettbewerbsorientierten und von zwischenstaatlichen Konflikten geprägten Umwelt als entscheidender Vorteil dienen kann. Vor diesem Hintergrund rät Hizb-ut-Tahrir der Bundesrepublik nachdrücklich, positive Signale an die islamische Welt zu senden und seine neokolonialistischen Gestaltungspolitiken umgehend einzustellen. Nur durch positive Beziehungen zum künftigen Kalifat wird die Macht der Mitte in der Lage sein, seinen geopolitischen Rivalen effektiv entgegenzutreten und seinen Interessen Nachdruck zu verleihen.
von
Hizb-ut-Tahrir
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