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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Erdogan spielt die Flüchtlingskarte – zu wessen Vorteil geschieht das Spiel mit den Muslimen?

Von Assad Mansur

Am 06.03.2020 wurde in einer Mitteilung des türkischen Präsidialamtes betont, dass das Treffen zwischen Erdogan und Putin in einer positiven Atmosphäre stattgefunden habe. „Auf der einen Seite haben wir unsere nationalen Interessen gewahrt, indem wir neue illegale Flüchtlingsströme aus Syrien gestoppt haben. Auf der anderen Seite haben wir den Westen mit den USA an seiner Spitze dazu gebracht, uns zu unterstützen.

Erdogan schert sich nicht um die Interessen der Muslime, ob in Syrien oder anderswo, nicht einmal die der türkischen Muslime Chinas, der Krim, Azerbaidschans oder in Zyperns. Er hat sie alle im Stich gelassen. Für ihn zählt nur sein eigenes Interesse, nämlich an der Macht zu bleiben, und es zählen die Interessen der Türkei, deren Grenzen einst von den kolonialistischen Ungläubigen gezogen wurden. Ebenso wurden die Innen- und Außenpolitik sowie die Verfassung der Türkei vom kolonialistischen Ungläubigen entworfen. Mustafa Kemal hat all das übernommen. Er hat den Satz geprägt „Nein zum Islam, nein zum Turanismus. Unsere Grenzen sind die, die in der nationalen Charta festgelegt sind.“ Edogan hebt bei jedem Anlass hervor, dass er den Spuren Mustafa Kemals folgt, und das, nachdem die Türkei einmal Zentrum des mächtigsten Staates der Welt war, nämlich dann, als der Staat den Islam in einem Kalifat implementierte, welches die Muslime in ihrer Gesamtheit repräsentierte.

Erdogan hat sich mit Putin in der Umsetzung des Sotschi-Abkommens auf die Öffnung der M4 geeinigt, der Verkehrsverbindung zwischen Aleppo und Latakia, sowie auf die Einrichtung eines Korridors, nördlich und südlich der Straße in der Breite von sechs Kilometern. Aus dem sollen sich die Rebellen zurückziehen. Das Ganze soll durch türkisch-russische Patrouillen bewacht werden. Die M5, die Verbindungsstraße zwischen Aleppo und Damaskus, hat Erdogan ebenfalls dem Regime ausgehändigt. Dies geschieht gemäß dem Plan der Amerikaner, um Russland und das Regime entgegenzukommen. Das Ziel der USA ist, der Opposition ein Gebiet zu lassen, bis sie die auf der UN-Resolution 2254 von 2015 beruhende politische Lösung akzeptieren. Dieser Resolution hatten Putin und Erdogan zugestimmt. Denn wenn der Opposition kein Gebiet mehr bliebe, hätte die Existenz einer Opposition keinen Sinn mehr und sie wäre am Ende. Russland und das Regime würden der Opposition nichts abtreten. Sie wäre einflusslos und in dem Fall wäre die politische Lösung in Gefahr. In dem Fall würden die Syrer dann das Spiel durchschauen, das man gegen sie spielt. Das würde mittel- und kurzfristig die amerikanische Vormacht gefährden. Die Revolution würde wiedererwachen und ihre Kräfte aus Rechtschaffenen wieder mobilisieren und die Verräter aus ihren Reihen, die mit Erdogan und den übrigen regionalen und internationalen Akteuren kollaboriert haben verjagen.

Auch wenn Baschar al-Asad und andere Angehörige des Regimes Vasallen Amerikas sind, so ist es doch in ihrem Interesse, an der Macht zu bleiben, um ihr Überleben und ihre Interessen zu bewahren. Die USA sollen nicht auf sie verzichten können, so wie sie auf Hosny Mubarak verzichtet haben. Die USA interessieren sich nur so lange für Vasallen, solange sie den Amerikanern die Hegemonie im Land sichern.

Erdogans Türkei setzt die Pläne der USA in Syrien um. Denn die Türkei hatte sich entschlossen, ein Satellitenstaat der USA zu werden, um eigene Interessen zu verwirklichen. Russland sieht sich selbst in der Zwickmühle und möchte da heraus. Und die USA, die die Russen dort hineinmanövriert haben, wollen sie nicht herauslassen, solange die politische Lösung nicht verwirklicht wurde. Den Amerikanern geht die Umsetzung des Sotschi-Abkommens zu langsam. Daher haben sie mit dem Regime ihre Offensive auf Idlib gestartet, was zur Flucht Hunderttausender Bewohner aus ihren Regionen geführt hat. Dadurch geriet die Türkei unter Druck. Aus Europa kam aus Sicht Erdogans keine Unterstützung, sondern stattdessen Kritik. Europas Kritik richtete sich gegen Erdogans Politik, die es als eine Art Erpressung empfand. Erdagan warf den Europäern vor, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Flüchtlingen zu nicht nachzukommen, so wie es in dem 2016 geschlossenen Flüchtlingspakt vereinbart worden war. Die sechs Milliarden Dollar, die Europa als Unterhalt für die Flüchtlinge zahlen wollte, seien nicht gekommen. Erdogan möchte, dass diese Gelder an die Türkei überwiesen werden, damit die Türken sie nach eigenem Ermessen verteilen und nicht internationale Organisationen dafür zuständig sind. Darüber hinaus wollte er die politische und militärische Zustimmung der Europäer im Namen der Nato für sein Vorgehen in Syrien, mit dem amerikanische Politik umgesetzt wird, das Europa immer wieder kritisiert.

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu erklärte am 07.03.2020, dass über 143.000 Flüchtlinge die griechisch-türkische Grenze überwunden hätten. Dabei kritisierte er den Umgang Griechenlands mit den Flüchtlingen. Die Türkei entsandte Streitkräfte, um eine erneute Rückkehr der Flüchtlinge ins Land zu verhindern. Die Migrationsbehörde, die dem türkischen Innenministerium untersteht, verurteilte am 05.03.2020 die Vorgehensweise der Griechen gegen die Flüchtlinge aus der Türkei und betonte: „Der Umgang der Griechen, darunter gewaltsame Übergriffe gegen Asylsuchende und Migranten, ist unmenschlich und völkerrechtswidrig und verstößt gegen die humanitären europäischen Werte.“ Kritisiert wurde auch das Vorhaben Griechenlands, eine fünfzehn Kilometer lange Mauer entlang der Grenze zur Türkei zu bauen. Diese Mauer soll innerhalb weniger Wochen errichtet werden. Und hier widerspricht sich die Türkei selbst. Denn sie hatte ihrerseits eine Mauer über eine Länge von 711 Kilometer entlang der syrischen Grenze gebaut, um syrische Flüchtlinge von der Flucht in die Türkei abzuhalten. Es handelt sich um die drittlängste Mauer der Welt und ist drei Meter hoch, befestigt mit Stacheldrahtzaun und ausgestattet mit Überwachungskameras und militärischen Wachposten, von wo aus bei Bedarf geschossen wird. Zahlreiche Syrer sind dort bereits umgekommen, die sich dem Grenzzaun genähert hatten. Flüchtlinge, die es ins Land geschafft hatten, werden drangsaliert und gedemütigt. Und dabei sind es Geschwister im Islam. Weder empfängt die Türkei sie mit offenen Armen auf und beherbergt sie noch tut sie etwas dafür, dass sie in Anstand und Würde wieder in ihre Heimatgebiete zurückkehren können. Vielmehr hat die Türkei den Sturz Bashar al-Assads und seines Regimes verhindert, sodass es zur Flüchtlingskrise kam und die Türkei viele der bewaffneten Rebellengruppen soweit täuschen konnte, dass diese ein Gebiet nach dem anderen dem Regime und den Russen überließen. Die Türkei trägt genauso Verantwortung am Leid der Syrer wie das Regime, wie Russland, wie der Iran und wie andere Staaten auch, die sich gegen das syrische Volk und gegen die Revolution der Umma verschworen haben.

Bemerkenswert ist, dass Erdogan mit der Drohung kam, die Truppen des Regimes aus Idlib zurückzudrängen, noch bevor der Monat Februar abgelaufen sei. Doch seine Drohungen und seine Sätze waren nichts als Schall und Rauch. Er selbst hat die Menschen an die falschen Versprechungen und an die leeren Drohungen gewöhnt. So sprach er: „Wir werden kein zweites Hama zulassen“, während das Regime das Hama-Massaker Tausende Male wiederholte. Mehr noch: Erdogan half dem Regime und den Russen dabei, diese Massaker zu verüben, indem er die Rebellen täuschte und sie zum Abzug aus ihren Regionen veranlasste. Und nun bestätigt sich abermals die Verschwörung Erdogans gegen die Syrer in Form der jüngsten Vereinbarung mit Putin. Erdogan stößt Drohungen und Warnungen aus, doch was auf dem Boden realisiert wird, ist etwas ganz anderes. Er beherrscht diesen bewusst gewählten Stil, weil er sich denkt, brennende Reden, die nichts als heiße Luft sind, sind nötig, um die einfachen Menschen zu täuschen, während Politik die Verwirklichung von Interessen ist, indem man pragmatisch ist. Und da gibt es die Narren, die ihm applaudieren und für jeden Verrat, den er begeht, eine Rechtfertigung finden. Darauf hat er selbst hingedeutet, als er einmal dafür kritisiert wurde, nicht das tun, was er sagt. Da antwortete er wortwörtlich „Politik ist nicht die Arbeit eines  Lebensmittelhändlers.“ Mit anderen Worten: Politik wird nicht von einem Lebensmittelhändler gemacht, der die Wünsche der Kunden erüllt und ihnen gibt, was sich möchten.

Und so zückt Erdogan die Flüchtlingskarte, um seine persönlichen Interessen und die der Türkei zu realisieren, die er nationale Interessen nennt. In Wahrheit dient die Flüchtlingskarte nicht dem Interesse der Türkei. Er spielt mit den Söhnen und Töchtern der Muslime, um sie ins Verderben nach Europa zu treiben und wo man versuchen wird, sie mit der korrumpierten Kultur zu verschmelzen, anstatt sie bei sich als muslimische Geschwister aufzunehmen, so wie er es zu Beginn hinausposaunt und es doch nicht umgesetzt hatte. Stattdessen schickte er sie wieder nach Syrien zurück. (…) Erdogan und Konsorten werden sich für all diese Verbrechen vor Allah verantworten müssen.

Quelle: Zeitung al-Raya/Ausgabe 277/11.03.2020

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